Der Kanu Wandersport wird von den “richtigen” Paddlern, die sich für die Disziplin Wildwasser oder Seekajak entschieden haben, immer ein wenig von oben herab belächelt. Hier wurde bisher wenig Ausbildung angeboten, was will/ kann/ soll ein Wanderfahrer schon lernen? Vor ein paar Jahren habe ich mir bei Wolfgang Nagel ( B-Trainer ) meine ersten Kenntnisse in einem Kurs auf der Iller erworben. Dafür habe ich den EPP 1 erhalten, EPP bedeutet Europäischer Paddel Pass. Unter Paddelkollegen wird der EPP 1 scherzhaft als Nachweis gehandelt, dass man unfallfrei das Bootshaus aufschließen kann. Da ich schon einige Jahre als Wanderpaddlerin unterwegs bin, bin ich der Überzeugung, dass ich mehr kann als das.
Am letzten Wochenende 20./21.08.2022 hat unser Sportwart Albrecht Geissinger ( C- Trainer ) jetzt einen Lehrgang für EPP 2 und 3 angeboten. Wir sind zu sechst nach Brühl gefahren und haben im Bootshaus des Wassersportvereins Brühl unser Lager aufgeschlagen.
Dabei hatten wir alles, was unser Bootshaus für Wanderpaddler hergibt: 2 Tourjaks, 1 Seekajak, 1 Zweierkajak, zusätzlich ein privates Faltboot, einen privaten Kanadier und meine gehlrieb. Was beweist, dass unser Verein sehr wildwasserlastig ist. Natürlich haben wir viele Kanadier, dafür war der Lehrgang aber nicht ausgerichtet.
Also am Samstag ging es also erst mal in unserem Bootshaus los mit den wesentlichen Grundlagen: Auswahl der passenden Ausrüstung für die Ausfahrt, wie lädt man Boote auf den Hänger, was muss man beim Laden beachten, welche Gurte oder Seile sind dazu geeignet. Beim Laden aufs Auto, wie viel darf es vorne und hinten überstehen.
In Brühl haben wir ein Wanderkajak für eine 2 tägige Wanderfahrt gepackt, erstaunlich, was so alles in die Luken passt. Der nächste Theoriepunkt waren Erste Hilfe Maßnahmen bei überhitzten- und unterkühlten Personen.
Nach der Mittagspause ging es aufs Wasser, dort wurden verschiedene Paddelschläge geübt, um effizient vorwärts, rückwärts und um die Kurve zu kommen. Kanten und Paddelstütze als Hilfsmittel. Wer kann sein Boot 5m seitlich versetzen? Das ist ganz nützlich, wenn man ans Ufer will. Bei all dem, besteht schon mal die Gefahr, dass man ins Wasser fällt. Wie kommt man wieder ins Boot? Wir haben uns gegenseitig gerettet und Albrecht und Pablo haben uns auch gezeigt, wie man das alleine hinkriegt, entweder mit der Cowboymethode oder mit dem Paddelfloat. Zum Kehrwasserfahren gab es keine Gelegenheit, denn der Wasserstand war sehr niedrig.
Wir haben direkt vor dem Bootshaus auf einem seeartigen Stück des Ketscher Altrheins geübt, am Ende waren wir alle erfrischt und bis auf die Haut nass.
Am nächsten Morgen nach dem Frühstück war eine Ausfahrt geplant. Wir mussten zweimal den Rhein überqueren und dafür Traversieren, auch etwas, was man können muss als Wanderpaddler. Der Rhein hat nämlich eine ordentliche Strömung, da kann man nicht einfach gerade rüber paddeln.
Oh Wunder, über Nacht ist der Wasserspiegel um 1m gestiegen, da muss es im Schwarzwald und am Bodensee ordentlich geregnet haben oder hat da jemand irgendwo eine Schleuse geöffnet?
So konnten wir unser Gelerntes gleich anwenden und auf Rhein, auf dem Otterstätter und Ketscher Altrhein paddeln. Und auch eingefleischte WildwasserfahrerInnen mussten doch zugeben, dass Wanderpaddeln auch seine Reize hat, die Natur pur und die Seele baumeln lassen.
Wenn man auf dem Rhein paddelt, gibt es eine zusätzliche Gefahrenquelle. Dort herrscht nämlich ein reger Schiffsverkehr.
Da ging es zu wie auf einer Wasserautobahn, aus allen Richtungen kamen Schiffe und da willst du als Paddler nicht unbedingt dazwischen kommen. Und auch hier gibt es Schifffahrtszeichen und Regeln, die man beachten muss. Wir haben von Albrecht ein Skript bekommen, aus dem man alles Wissenswerte darüber entnehmen konnte.
Also als Wanderpaddler muss man deutlich mehr können als das Bootshaus aufschließen, dazu gehört auf jeden Fall auch das Ein- und Aussteigen in bzw. aus dem Boot und das Umtragen des Bootes bzw. der Einsatz des Bootswagens. Da man sich in der Natur bewegt, sind auch Kenntnisse vonnöten, wie man sich dort so bewegt, dass keine Tiere oder Pflanzen zuschaden kommen.
Am besten ist es, wenn man nie alleine aufs Wasser geht. Vereinskameraden unterstützen sich gegenseitig, helfen beim Ein- und Ausstieg, beim Umtragen und wenn man ins Wasser fällt oder sonst in Not kommt. Deshalb bin ich auch in den Kanuverein eingetreten, um mit Gleichgesinnten mein Hobby auszuüben. Albrecht hat mir damals das Paddeln beigebracht und es ist mittlerweile zu meiner Leidenschaft geworden. Dieser Bericht ist auch ein Dankeschön an ihn, für sein Engagement als Sportwart und als Leiter des EPP Kurses. Das hat er wirklich toll gemacht. Es gibt noch einiges zu lernen und zu üben, so dass er sich bereit erklärt hat, ein Fortsetzungskurs anzubieten, bevor wir dann unsere EPP Scheine nach Hause tragen können.
Jetzt bin ich auch nicht mehr die Jüngste, deshalb hat mich die neueste Errungenschaft des WSC Brühl schwer beeindruckt. Sie haben einen Bootslift! Damit kann man die Boote die Böschung hoch und runter transportieren und bei Bedarf auch die Paddler darin gleich mit.
Eure EPP geprüfte Brigitte